
22.5.2025
Der Artikel von Herrn Prof. Dr. Bagus beschreibt den Anstieg der Nachfrage nach Edelmetallen wie Gold und Silber als Folge wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten.
Ursachen dafür sind unter anderem steigende Staatsschulden, Inflationsgefahren, ein schwindendes Vertrauen in das Papiergeldsystem sowie die expansive Geldpolitik der Zentralbanken. Edelmetalle gelten dabei als stabile und inflationssichere Anlageform, die durch ihre natürliche Knappheit und das historische Vertrauen geschützt sind.
Sowohl private Anleger als auch Zentralbanken setzen vermehrt auf Gold – als Schutz vor Geldentwertung und als Antwort auf ein zunehmend schuldengetriebenes Finanzsystem.
Über den Autor:
Prof. Dr. Philipp Bagus
Verwaltungsratspräsident
Elementum International AG
Prof. Dr. Philipp Bagus ist ein deutscher Ökonom und Professor an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid.
Er ist Experte für die Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre, Geldtheorie und die Eurozone.
Bekannt wurde er unter anderem durch sein Buch "Die Tragödie des Euro", das die Schwächen des Eurosystems beleuchtet.
In Zeiten wachsender wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit kehrt ein altes Phänomen mit neuer Wucht zurück: die Flucht in Edelmetalle. Gold und Silber galten historisch als "sicherer Hafen" und gewinnen aktuell erneut an Bedeutung.
Doch was treibt Anleger in diese traditionellen Wertspeicher? Die Antwort liegt in einer toxischen Mischung aus rasant steigenden Staatsschulden, wachsenden Inflationsrisiken und einem systemischen Vertrauensverlust in das Papiergeldsystem.
Gold und Silber werden weder durch einen Ausfall von Schuldnern im Wert bedroht noch von der Inflation.
Der interventionistische Wohlfahrtsstaat mit seinen expansiven Ausgabenprogrammen erzeugt einen ständigen Finanzierungsbedarf. Anstatt Ausgaben durch echte Steuerlasten zu decken, greift die Politik zunehmend zu einer subtileren Form der Finanzierung: der Monetarisierung der Staatsschuld. Zentralbanken kaufen in großem Stil Staatsanleihen auf, was zu einer massiven Ausweitung der Geldmenge führt. Die damit einhergehende Inflation enteignet Sparer stillschweigend und verzerrt die Kapitalstruktur der Volkswirtschaft.
Die Kapitalmärkte, einst Instrumente zur effizienten Allokation knapper Ressourcen, sind unter den Bedingungen permanenter Liquiditätszufuhr zu Spekulationsfeldern geworden. Die Preissignale sind gestört. Aktienkurse spiegeln nicht mehr den realen wirtschaftlichen Zustand wider, sondern die Erwartung künftiger Zentralbankinterventionen. In einem solchen Umfeld verlieren klassische Anlageformen ihre Orientierungsfunktion.
Anleger, die den Charakter des Systems durchschauen, ziehen die Konsequenz: Sie flüchten in reale Werte. Edelmetalle bieten im Gegensatz zu Fiatgeld einen sicheren Wert. Gold ist nicht beliebig vermehrbar, es unterliegt keiner politischen Willkür. Es ist durch Knappheit und jahrhundertelanges Vertrauen gedeckt – Eigenschaften, die Papierwährungen zunehmend vermissen lassen.
Hinzu kommt: Die geopolitische Lage trägt zur Verunsicherung bei. Der Ukrainekrieg, Handelskriege, eskalierende Verschuldung der USA, zunehmende Fragmentierung der Weltordnung – all dies fördert das Misstrauen gegenüber dem Status quo. Wenn die institutionellen Garanten der Stabilität schwanken, gewinnen unpolitische Wertspeicher an Attraktivität. Nicht zuletzt haben die Sanktionen gegen Russland im Zuge des Ukrainekriegs im Jahr 2022 ein neues Zeitalter eingeläutet. Die Devisenreserven und Auslandsvermögen einer Atommacht, nämlich Russland, wurden eingefroren. Die Reputation von Dollars und Devisen im allgemeinen als sichere Anlage ist beschädigt. Daher kaufen die Zentralbanken der Welt zunehmend Gold, anstatt weitere Dollarreserven anzuhäufen.
Die Österreichische Schule hat stets vor den Folgen ungedeckten Papiergeldes gewarnt. Ludwig von Mises erkannte bereits im 20. Jahrhundert: Eine inflationsgetriebene Geldordnung führt unweigerlich zu Kapitalfehlleitungen, Boom-Bust-Zyklen und letztlich zur Zerrüttung des Vertrauens. Edelmetalle sind in diesem Kontext nicht Spekulationsobjekte, sondern ein rationaler Akt der Selbstverteidigung. Nicht nur Zentralbanken auch Privatanleger erkennen diese Zusammenhänge immer deutlicher.
Wer heute Gold und Silber kauft, handelt nicht aus irrationaler Panik, sondern aus ökonomischer Klarsicht. Es ist eine Absicherung gegen eine Politik, die die Spielregeln des Marktes außer Kraft setzt. Der anhaltende Trend zur Entwertung des Geldes ist kein Betriebsunfall, sondern systemimmanent. In einem derart konstruierten System ist der Wunsch nach werthaltiger Sicherheit eine logische Reaktion.
Fazit:
Die Flucht in Edelmetalle ist Ausdruck eines zunehmenden Unbehagens mit dem schuldengetriebenen Finanzsystem unserer Zeit.
Sie ist kein Relikt vergangener Jahrhunderte, sondern ein rationales Verhalten in einer Welt, in der politische Versprechen mit frisch geschaffenem Geld finanziert werden. Anleger, die diesen Zusammenhang erkennen, handeln nicht aus Furcht, sondern aus freiheitlicher Vernunft.